Fortbildung von Altenpflegehelferinnen in Sao Paulo-Lapa/Brasilien

Altenpflegerinnen bei der Fortbildung in Sao Paulo

Altenpflegerinnen bei der Fortbildung in Sao Paulo

Der Verein Reciclázaro aus Sao Paulo hat in der Zeit von Oktober 2011 bis September 2012 im Stadtteil Lapa mehr als 50 Altenpflegehelferinnen qualifiziert, nachdem die Mitarbeiterinnen in der Stadtteilarbeit immer wieder mit dem Problem konfrontiert wurden, dass pflegebedürftige alte Menschen tagsüber allein gelassen wurden.

In den großen Städten Lateinamerikas und speziell in Brasilien wird die starke Zunahme der Seniorenbevölkerung aufgrund des rasanten demographischen Wandels besonders deutlich. Allein in der Megastadt Sao Paulo leben mehr als 1.3 Millionen alte Menschen. Die Regierung hat versucht, die Lebensbedingungen der Seniorenbevölkerung in Brasilien durch die Einführung eines Sozialgeldes in Höhe von rund EUR 80,00 monatlich und andere Sozialleistungen zu verbessern. Leider muss man dennoch feststellen, dass letztlich weder die Gesellschaft noch die öffentliche Verwaltung auf die starke Zunahme der Seniorenbevölkerung und die daraus resultierenden Konsequenzen vorbereitet sind.

Gleichzeitig mit der Seniorenbevölkerung ist auch die Zahl pflegebedürftiger alter Menschen gewachsen, von denen viele unversorgt sind, weil sie alleinstehend oder ihre Familienangehörigen außerhäuslich tätig sind. Hinzu kommt, dass auch Familienangehörige, die ihre alten Verwandten pflegen wollen, aus Unwissenheit vielfach nicht auf die speziellen pflegerischen Anforderungen alter Menschen eingehen können.

Engagement von Reciclázaro – Durchführung von Fortbildung

Dozentin der Fortbildungsveranstaltung

Dozentin der Fortbildungsveranstaltung

Nachdem Pflegebedürftigkeit von alten Menschen im Stadtteil Lapa als dringendes Problem erkannt wurde, hat Reciclázaro entschieden, Fortbildung für Familienangehörige von alten pflegebedürftigen Menschen und andere Interessenten anzubieten. Zunächst ist ein erster Kurs von Juni bis Oktober 2011 und wegen der großen Nachfrage ein zweiter Kurs von Juni bis September 2012 durchgeführt worden. Die Kurse umfassten jeweils 94 theoretische und praktische Unterrichtseinheiten und wurden von einem Fachteam durchgeführt.

Neben der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten für die Pflegetätigkeit wurde besonderer Wert auf die Behandlung von Themen gelegt, die zu einem besseren Verständnis vom Alter und vom Altwerden und zu einem angemesseneren Umgang mit alten Menschen führen. Andere wichtige Themen stellten außerdem die Bedeutung der familiären Beziehungen und die Spiritualität im Alter dar. Der praktische Unterricht fand in einem Seniorenpflegeheim statt.

An den Kursen haben vor allem Frauen, Durchschnittsalter 40 Jahre, teilgenommen, die fast alle bereits Vorerfahrungen in der Pflege hatten. Die Teilnehmerinnen haben ein Zertifikat erhalten, das ihnen auch die Möglichkeit gibt, ihre Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt nachzuweisen und Arbeit zu finden.

Nachhaltigkeit

Die Kurse haben den Pflegenotstand im Stadtgebiet sicher nicht beheben können. Konkret werden alte Menschen jetzt aber besser in ihrer Häuslichkeit gepflegt. Da die meisten Teilnehmerinnen zudem die Absicht geäußert haben, nicht nur in der Familie, sondern auch in Zukunft in der Altenpflege tätig sein zu wollen, wird der Stadtteil insgesamt besser versorgt sein.

Zwei Absolventinnen des Lehrganges

Zwei Absolventinnen des Lehrganges

Die Erfahrung der beiden Kurse für Altenpflegehelferinnen hat Reciclázaro motiviert, im September 2012 ein internationales Seminar  über die „Pflegebedürftigkeit von alten Menschen – Aufgabe der Politik und Antwort der Zivilgesellschaft“ durchzuführen mit dem Ziel, auf die Notlage vieler pflegebedürftiger alter Menschen in Sao Paulo aufmerksam zu machen und geeignete Maßnahmen von der Stadtregierung einzufordern. Der Verein Reciclázaro ist damit seinem anwaltschaftlichen und sozialpolitischen Auftrag nachgekommen und wird das Anliegen auch in Zukunft öffentlich vertreten.

Finanzierung

Die Gesamtkosten beider Fortbildungskurse belaufen sich auf rund EUR 16.000,00, davon wurden ca. 20 % als Eigenmittel eingebracht. Für den Fortbildungskurs I sind von der Stiftung EUR 6.100,00 und für den Kurs II EUR 5.700,00 bewilligt worden. An den Kosten der Fortbildung II hat sich dankenswerter Weise das Erzbistum Berlin mit einem Betrag von EUR 3.700,00 beteiligt..

(Februar 2013)