Lateinamerikanisches Netzwerk Gerontologie

Umfassendes und effizientes transnationales Netzwerk, wichtiges Projekt der Stiftung Seniorenhilfe weltweit, informiert über Fragen des Alters in Lateinamerika, fördert Austausch und regt Hilfe an!

Begonnen hat es mit einem erzwungenermaßen eingeschränkten Treffen 1996 in Madruga, einer kleinen Stadt auf Kuba. Einheimische Caritas-Mitarbeiter/innen tauschten sich dort mit einigen lateinamerikanischen Kolleg/innen über Gerontologie aus. Begleitet wurde das Treffen von der Caritas-Beraterin Christel Wasiek.  Es fand wegen staatlicher Vorgaben inoffiziell statt. Ausreisegenehmigungen zu internationalen Konferenzen wurden kubanischen Beschäftigten der Kirche verweigert, auf der Insel wurden Zusammenkünfte, erst recht mit ausländischen Gästen, restriktiv behandelt. Wie nun konnte man zukünftig nicht nur die Kubaner, sondern alle Lateinamerikaner in der Seniorenarbeit in den notwendigen fachlichen Austausch bringen, der von zeitlichen, finanziellen und politischen Hürden ausgebremst wurde?

Vielleicht erbrachte ja die Beschränkung in Madruga die befreiende Idee:Ein Mexikaner schlug vor, sich für den Austausch des Internets zu bedienen. Das world wide web war noch neu, niemand verfügte über Erfahrungen, aber Caritas international (Ci – Deutscher Caritasverband) akzeptierte das vorgelegte Konzept und sagte die Finanzierung zu, ein IT-Experte wurde für die Mitarbeit gewonnen und das Projekt entwickelt, und 1999, endlich, ging das Netzwerk „Red Latinoamericana de Gerontologia“, RLG, unter der Web-Adresse www.gerontologia.org online.

2002 wurde die Website etwa 10.000 Mal besucht. 2020 mehr als 500.000 Mal. Das Interesse ist konstant hoch. Über Lateinamerika und die Karibik breitet sich ein Netz des fachlichen Austauschs  über Theorie und Praxis der Gerontologie aus, es motiviert und qualifiziert die Altenarbeit im gesamten spanisch und portugiesisch sprechenden Raum.

Wer ist RLG? Es sind die Menschen, die sich auf der Website für ihre lokale Altensozialarbeit, ihr gesellschaftliches Engagement oder ihre wissenschaftliche Forschung informieren und darauf selbst durch das Einstellen von Beiträgen Informationen teilen: Experten aus Theorie und Praxis, Ehrenamtliche und Interessierte auf lokaler, nationaler und regionaler Ebene, Regierungs- und Nicht-Regierungsorganisationen, Akteure der Zivilgesellschaft.

Was ist RLG? Es ist ein Forum des immer aktuellen Wissens- und Erfahrungsaustauschs über Themen der Gerontologie: allgemein alle Aspekte des Alterns, Mehrgenerationenarbeit, Seniorenrechte und -gesetzgebung, Pflege in der Häuslichkeit, genderspezifische Fragen des Alters usw. Das RLG vermittelt Informationen zwischen den Nahtstellen praktischer Altensozialarbeit, gerontologischer Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Es publiziert sowohl in Spanisch als auch Portugiesisch. Außer der nach Ländern und Themen geordneten Website gibt es einen monatlich von der Koordinatorin erstellten Newsletter für fast 1800 registrierte Abonnent/innen.  Eine Preisauslobung unter dem UN-Motto „Eine Gesellschaft für alle Lebensalter“ prämiert, zuletzt 2023, die besten eingesandten Ideen aus der praktischen Seniorenarbeit und veröffentlicht sie – mit großer Beteiligung und Resonanz. Je nach Anlass und finanziellen Möglichkeiten initiiert das RLG Fortbildungen, Informationsveranstaltungen für Medienleute und beteiligt sich an internationalen Konferenzen und Foren.

Wer betreibt RLG? Ein kleines Team sorgt für das Funktionieren des Netzwerks: eine Koordinatorin alle inhaltlichen und organisatorischen Arbeiten, das ist seit 2022 die Politologin So-ledad Rodríguez, und ein Webmaster für den IT-Bereich, die Verbindung zur Stiftung „Seniorenhilfe weltweit“ nimmt Christel Wasiek wahr. Eine kleine Gruppe ehrenamtlicher Korrespondent/innen sammelt Informationen aus je einem Land Lateinamerikas, spricht dort Expert/innen der Gerontologie für Mitarbeit an und sendet Informationen für die Website an die Koordinatorin. Juristischer Träger des RLG ist die Caritas Uruguaya, zuständig für Vertragsabschlüsse und Buchhaltung.

Was kostet das RLG? Seit die Co-Finanzierung durch Ci und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit beendet ist, finanziert seit 2017 allein die Christel-Wasiek-Stiftung Seniorenhilfe weltweit das RLG. Der aktuelle Jahresetat für laufende Kosten, Honorare und Web-Gebühren, beträgt 20.000 Euro. Das ist angesichts der Reichweite und der Effizienz des RLG ein sehr kleiner Betrag, für die Stiftung allerdings der größte jährliche Posten. Außerordentliche Maßnahmen des RLG wie die Erneuerung des Web-Auftritts, Preisauslobungen und Veranstaltungen müssen von der Stiftung gesondert finanziert werden.

Vor welchen Aufgaben stehen das RLG und die Stiftung Seniorenhilfe weltweit?

Das RLG muss sein Themenspektrum aktuell halten und die praktischen und theoretischen Entwicklungen der Gerontologie dokumentieren. Weitere ehrenamtliche Korrespondenten sind zu gewinnen, internationale Kontakte zu pflegen und neue zu knüpfen. Der Web-Auftritt erhält einen Relaunch. Entwicklungen in der Technik und im Nutzerverhalten müssen aufgenommen werden. Eine transnational agierende Institution als juristischer Träger des RLG ist wünschenswert, aber rechtlich noch nicht möglich; die unabhängige rechtliche Konsolidierung wird vorangetrieben.

Die Christel-Wasiek-Stiftung Seniorenhilfe weltweit möchte vor allem die Finanzierung des RLG für die Zukunft – mindestens für die nächsten zehn Jahre – sichern. Dazu gehören einerseits das feste Jahresbudget für Honorare und Webauftritt, andererseits aber auch Außerordentliches wie die Erneuerung der Website, Preisauslobungen, Fortbildungen, Medienarbeit und die Teilnahme des RLG an internationalen Veranstaltungen, alles wichtig für die Rezeption des RLG und seine Effizienz, aber von den Grenzen der finanziellen Ressourcen eingeschränkt. Für diesen Bedarf braucht es mittelfristig eine Aufstockung des Stiftungskapitals und/oder ein jährlich höheres Spendenaufkommen. Der Stiftungsvorstand bemüht sich auch um Partner zur Finanzierung des in Lateinamerika und Karibik einzigartigen RLG: Institutionen in der Entwicklungszusammenarbeit sowie andere Stiftungen bzw. Stifter/innen.